Derzeitige Situation

Seit wann und warum existieren die Teiche am Bollrich?

Die Teiche am Bollrich sind im Rahmen der Bergbauaktivitäten am Rammelsberg nach Installation der Feinkornaufbereitung in den 1930er Jahren angelegt worden. Die Rammelsberger Erze wurden aufbereitet, das heißt gemahlen und die als Wertstoff interessanten Erzminerale vom Nebengestein und sonstigen Bestandteilen getrennt. Bei der Aufbereitung der gewonnen Erze entstandenen feine Rückstände, die in Form von Trüben aus der Aufbereitungsanlage abgeleitet und in Schlammbecken eingeleitet wurden. Von diesen sogenannten „Bergen“ leitet sich der Ausdruck Bergeteiche ab. Um das Material abzulagern, wurde ein technisches Bauwerk mit Rückhalte- und Absetzbecken errichtet. In der langjährigen Nutzung bis ins Jahr 1988 wurden die Dämme um die Bergeteiche herum mehrmals erhöht. Auch heute werden noch mit Kalk neutralisierte Grubenwässer aus dem Rammelsberg in die Bergeteiche abgeleitet.

Viele Metalle die sich derzeit in dem Teich befinden werden heute für die Elektronik oder für andere Hightech-Anwendungen dringend benötigt. Früher kannte man diese Einsatzgebiete nicht. Was heute teure Wertstoffe sind, war damals nutz- und wertlos. Zudem können mit modernen Methoden auch andere Wertstoffe, die früher nicht gewinnbar waren, extrahiert werden.

 

Wie stabil ist der Damm des Bergeteichs am Bollrich aktuell?

Die Dämme der Bergeteiche am Bollrich sind seit ihrem Entstehen immer wieder erhöht worden. Der aufgeschüttete Hauptdamm und das eingelagerte Material stehen im Gleichgewicht. Nach derzeitiger Einschätzung geht unter den derzeitigen Bedingungen von diesem keine akute Gefahr aus. Aktuell nehmen jedoch die Extremwetterlagen zu. Bei extremer Trockenheit kann der Teich aufgrund der geringen Wassertiefe teilweise trockenfallen und der schwermetallbelastete Grund als Staub verweht werden. Ein Überlaufen des Dammes bei Starkregenereignissen ist hingegen als wenig wahrscheinlich zu betrachten, da der Teich einen Überlauf besitzt und nicht von einem Fließgewässer gespeist wird.

 

Welche Wertstoffe befinden sich in den Bergeteichen?

Das in den Absetzbecken der Bergeteiche abgelagerte Material (geschätzt: 7 Mio. Tonnen) besteht aus sehr feinen Rückständen der alten Erzaufbereitung in denen sich wirtschaftlich interessante Metalle befinden.

Im Laufe der Zeit haben sich die Verfahren der Wertstoffgewinnung am Rammelsberg verändert, auch waren in unterschiedlichen Förderperioden unterschiedliche Inhaltstoffe der Erze von Interesse. Daher sind in unterschiedlichen Schichten des Absetzbeckens der Bergeteiche unterschiedliche Stoffe zu finden. Eine Abschätzung der Mengen von interessanten Inhaltsstoffen sind in der folgenden Tabelle aufgeführt:

Material Menge (Schätzung)
Gold 1.500 kg
Indium 44.000 kg
Gallium 170.000 kg
Silber 234.000 kg
Kobalt 1.220.000 kg
Kupfer 10.650.000 kg
Blei 85.200.000 kg
Zink 120.700.000 kg
Baryt (Schwerspat) 1.356.000.000 kg
Mineralik 5.400.000.000 kg

 

Wie gefährlich sind die Stoffe, die sich in den Absetzbecken befinden?

Die Erze im Rammelsberg beinhalten viele Metalle, die in den ursprünglichen und noch weitgehend erhaltenen Verbindungen nicht gefährlich sind. Bei einer Oxidation an Luft könnten aber schwermetallbelastete Wässer freigesetzt werden. Bei Trockenheit bzw. Staubanfall könnten diese Stoffe eingeatmet werden und gesundheitliche Schäden entstehen. Auch die nicht als giftig eingestuften Metalle haben Auswirkungen auf die umliegende Vegetation und Tierwelt und führen bei diesen zu teilweise erhöhten Schwermetallwerten.

 

Wie ist das Wasser aus dem Vorlauf und dem Überlauf der Bergeteiche zu bewerten?

Der Wasserzulauf der Bergeteiche stammt aus den Hohlräumen der mittelalterlichen Abbaue (genannt „Alter Mann“), in die Regenwasser eindringt und in Richtung Bergeteich abfließt. Dieses Wasser ist leicht sauer und enthält Spuren mancher im Berg vorhandenen Metalle. Um die Umwelt zu schützen und den leicht sauren Charakter der Wässer auszugleichen, wird vor Einleitung in die Bergeteiche Kalkmilch zur pH-Wert-Anpassung zugesetzt. Hierdurch werden Gips und Schwermetalle ausgefällt. Der Überlauf der Bergeteiche hat keine Trinkwasserqualität, ist aber von den Belastungen her unbedenklich. Der Abfluss, der früher als offener Bach in den Teich geflossen ist, wurde inzwischen zudem in weiten Teilen kanalisiert.

 

Kann man die Bergeteiche besuchen und beispielsweise in ihnen baden?

Man kann die Bergeteiche, die Teil des Naherholungsgebietes sind, besuchen. Dabei sollte aber zum einen beachtet werden, dass es sich in weiten Teilen um Privatgelände handelt. Die Hinweisschilder auf gesperrte Bereiche sind unbedingt auch zur eigenen Sicherheit zu beachten. Zum anderen ist der Grund des Bergeteiches sehr weich, die Wasserschicht ist im Mittel nur einen Meter tief. Der darunterliegende Schlamm haftet an der Haut. Aufgrund der im Schlamm enthaltenden Schwermetalle ist ein Kontakt mit ihm zu vermeiden.

Zudem sinkt man bei Kontakt mit dem Schlamm schnell ein. Im Teich sollte daher auf keinen Fall gebadet werden - beim Einsinken besteht Lebensgefahr!

 


Projekte REWITA/REMINTA

Warum sollen die Teiche am Bollrich rückgebaut beziehungsweise renaturiert werden?

Die Anforderungen an Umwelt- und Sicherheitsaspekte, die beim Bau und Betrieb der Bergeteiche in den 1930er bis in die 70er Jahre galten, liegen naturgemäß unter den heutigen Maßstäben. Ein Rückbau und eine Renaturierung dieser Fläche ist daher geboten.

Die Untersuchungen aus dem Projekt REWITA, dem Vorlaufprojekt des aktuellen Projektes REMINTA, hatten ergeben, dass in dem Schlamm viele feinst aufgemahlene Partikel mit selteneren Metallen vorhanden sind, die erst durch Anwendungen in modernen Technologien einen Wert entwickelt haben. Die Gewinnung dieser Metalle kann bei einem Rückbau der Bergeteiche am Bollrich zur Kostendeckung beitragen. Ein großer Teil der ursprünglichen Wertträger, die mit damaligen Technologien aus dem feinkörnigen Anteil nicht abgetrennt werden konnten, sind heute mit moderneren Technologien ebenfalls gewinnbar. Rund 50 Prozent der Masse der Bergeteichinhalte entfallen auf die hier angesprochenen Erz- und Industrieminerale.

Im aktuellen Projekt REMINTA geht es nun zuallererst um die Nutzbarmachung der verbliebenen Hälfte, die im Wesentlichen aus feingemahlenem Nebengestein besteht. Daneben erfolgt die weitere Detailplanung für einen möglichen Rückbau und eine Rückgewinnung und Verwertung aller Inhaltsstoffe sowie der Vorbereitung für eine Renaturierung des Geländes.

 

Warum wird da immer noch/wieder geforscht?

Da es derzeit kaum Fallbeispiele gibt, wie man schon lange bestehenden Bergeteiche zurückbauen kann, müssen im Vorfeld weitgehende Untersuchungen durchgeführt und Verfahren entwickelt werden. So wurden anfangs Daten erhoben, wie die Bergeteiche und der Damm aufgebaut sind und welche Inhaltsstoffe enthalten sind. Nachfolgend wurde untersucht ob und wie Wertstoffe aus den Bergeteichen zurückgewonnen werden können. Zudem wurde untersucht, welches Vorgehen beim Abbau des Materials erforderlich ist um die Sicherheit bei Rückbau gewährleisten zu können. Neben den technischen Aspekten spielen hier auch wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte eine Rolle. Um diese komplexe Problematik angemessen zu erfassen, wurde die Untersuchung auf zwei Forschungsprojekte aufgeteilt. Das derzeit laufende Projekt soll 2023 abgeschlossen werden.

 

Wer führt das Projekt REMINTA durch?

Das Projekt REMINTA wird im Rahmen der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ins Leben gerufenen Fördermaßnahme „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Bauen und Mineralische Stoffkreisläufe (ReMin)“ gefördert.

Die Projektpartner finden Sie hier.

 


Wie geht’s weiter?

Was wird mit den Bergeteichen passieren?

Im optimalen Fall wird sich nach Projektende ein Konsortium an Unternehmen bilden, das sich mit der Umsetzung widmet. Danach soll mit den notwendigen Genehmigungsverfahren und im Anschluss der Errichtung bzw. Reaktivierung der notwendigen Anlagen begonnen werden. Ist dies geschehen, soll ein kompletter Rückbau der Bergeteiche erfolgen, der voraussichtlich rund 10 Jahre in Anspruch nehmen wird. Hierbei soll ein Großteil der Schlammablagerungen verwertet werden, kleinere Mengen werden wahrscheinlich deponiert werden müssen.

Anschließend kann eine Renaturierung des Gebietes beginnen. Für die derzeit in die Teiche am Bollrich abgeleiteten Grubenwässer des Rammelsberges kann weiterhin ein kleines Absetzbecken im Tal erforderlich sein. Ggfs. kann auch die Einrichtung eines neuen Regenrückhaltebeckens sinnvoll sein, welches sowohl den Hochwasserschutz und den Erholungswert des Geländes erhöhen sollte.

 

Wie könnte die Sanierung tatsächlich durchgeführt werden?

Nach den derzeitigen Erkenntnissen muss der Rückbau der Bergeteiche schichtweise von oben nach unten erfolgen. Hierbei wird entsprechend der Damm ebenfalls zurückgebaut. Das Material aus dem Teich soll in den oberhalb der Teiche befindlichen alten Gebäuden der Erzaufbereitung weiterverarbeitet werden. Hierbei werden verschiedene Konzentrate erzeugt. Diese sollen über das zu reaktivierende Gleis zunächst auf das alte Hüttengelände der Preussag nach Oker gebracht, dort ggfs. weiterverarbeitet und von dort per Bahn zu den entsprechenden Abnehmer transportiert werden.

Nachdem sowohl die Teiche, als auch der Damm, abgetragen sind, kann die Renaturierung des Tals starten.

 

Wann soll mit einem eventuellen Rückbau der Bergeteiche am Bollrich begonnen werden und wie lange könnte dies dauern?

Nach aktuellem Stand des Projektes ist noch offen, wann mit einem Rückbau der Bergeteiche am Bollrich begonnen werden kann. Bei einem idealtypischen Verlauf wird die aktuelle Forschungsphase Ende 2023 beendet sein. Kann bis dahin ein erfolgversprechendes Gesamtkonzept mit den dazugehörigen Verfahren entwickelt werden, folgt eine Phase der Bildung eines Investorenkonsortiums, der Genehmigungsverfahren und dem Bau bzw. der Ertüchtigung der notwendigen Anlagen. Die Betriebsaufnahme könnte dann zum Ende dieses Jahrzehnts erfolgen. Der Rückbau selbst wird derzeit für eine Periode von etwa 10 Jahren konzipiert. Im Anschluss kann die Renaturierung des Gebietes beginnen.

 

Welche Wertstoffe können gewonnen werden und wofür werden diese gebraucht?

Derzeit wird davon ausgegangen dass folgende Konzentrate erzeugt werden können:

  • Ein Metallkonzentrat das zur Gewinnung von Bunt-, Edel- und Sondermetallen verwendet wird. Hierbei können wertvolle Metalle wie Zink, Blei, Kupfer, Gold, Silber, Indium und Kobalt rückgewonnen werden. Insbesondere Kobalt gewinnt zunehmend an Bedeutung für die Produktion für die Batterien der Elektromobilität.
  • Zusätzlich soll aus dem in großen Mengen vorhanden Mineral Pyrit, auch Katzengold genannt, wie bereits in früheren Zeiten wieder Schwefelsäure gewonnen werden.
  • Ein Baryt-Konzentrat, das je nach Qualität in der Bohrtechnik, oder auch in Spezialbeton und anderen Anwendungen eingesetzt werden kann.
  • Zwei bis drei Mineralik-Konzentrate, die z.B. in der Zementindustrie, im Deponiebau oder als Bauzusatzstoff eingesetzt werden können. Hierdurch können der Abbau natürlicher Vorkommen aber auch die im Rahmen der Abschaltung der Kohlekraftwerke wegfallenden Mengen an Aschen der Steinkohlenfeuerung, die ein wichtiger Bauzusatzstoff sind, ersetzt werden.

Zudem ist zu erwarten dass es einen gewissen Anteil an Rückständen gibt, der nicht den benötigten Qualitätsanforderungen entspricht und somit in einer Deponie abgelagert werden muss.

 

Mit welchen Einschränkungen ist im Rahmen des Rückbaus für die Anwohner und Anwohnerinnen zu rechnen?

Während des Rückbaus der Bergeteiche am Bollrich wird das Naherholungsgebiet, das den Bollrich umgibt, nur eingeschränkt nutzbar sein. Des Weiteren kann es zu baustellentypischer Lärmbelastung im Rahmen der Errichtung bzw. Ertüchtigung der Anlagen kommen. Hierbei soll insbesondere auf die Gebäudesubstanz der alten Aufbereitungsanlage am Bollrich sowie den Schienenstrang von der Aufbereitungsanlage zum Hüttengelände in Oker zurückgegriffen werden. Da geplant ist, sämtliche Materialströme in der Produktionsphase über die Schiene auf das Hüttengelände nach Oker zu bringen, wird kaum zusätzliches Straßenverkehrsaufkommen zu erwarten sein. Der Rückbau selbst wird eher mit geringen Beeinträchtigungen einhergehen. Eine vermehrte Staubbelastung ist nicht zu erwarten, da das auszubauende Material nass rückgebaut und verarbeitet wird.

 

Entsteht durch den Rückbau des Bergeteiches eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung?

Die heutigen Grenzwerte für Trinkwasser, welches unter anderem aus Grundwasser gewonnen wird, haben einen sehr hohen Standard, der eine sehr hohe Trinkwasserqualität gewährleistet. Der Rückbau der Bergeteiche wird so gestaltet, dass keine Kontaminationen auftreten. Dieses wird in der Planung des Rückbaus in besonderem Maße berücksichtigt.

 

Wann wird die Gegend um den Bollrich wieder grün und als Spazierfläche nutzbar sein?

Auf aktuellem Stand des Projektes ist noch nicht sicher, wie genau die Fläche nach dem Abbau renaturiert werden soll. Es ist jedoch geplant im Rahmen der Renaturierung zu diskutieren, wie die sich aktuell noch im Privatbesitz befindende Fläche öffentlich zugänglich gemacht werden soll. Zudem wird eine Renaturierung unter Einbezug ökologischer Kriterien und möglicher Sicherungsmaßnahmen im Hinblick auf den Klimawandel angestrebt.

Dabei kann evtl. auch die Einrichtung eines neuen Regenrückhaltebeckens sinnvoll sein, welches sowohl den Hochwasserschutz als auch den Erholungswert des Geländes erhöhen sollte.